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Jetée,
La |
Original
Titel |
Am
Rande des Rollfeldes |
Deutscher
Titel |
Frankreich
1962 |
Land |
Chris
Marker |
Regisseur |
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Der
Schluß von La Jetée dürfte durch die spätere
Verwendung in einem anderen Film bekannt sein, darum verzichte
ich hier auf das Auslassen der wichtigen Schlußszene, da
ich auch in meiner Kritik darauf eingehen möchte.
Es ist aber auch nicht so das man sich den Film dadurch verderben würde,
wer trotzdem nichts darüber erfahren möchte, sollte auf die braunen
Textpassagen verzichten. |
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Der
Beginn:
Frankreich, Paris, Flughafen Orly, Hauptterrasse, Sonntag.
Ein Mann und eine Frau haben ihren Sohn mit auf die Terrasse des Flughafens
genommen, um ihm die startenden und landenden Flugzeuge zu zeigen. Der
Sohn erblickt eine junge, hübsche Frau am Ende der Plattform - das
friedliche und einfühlsame Gesicht der Frau zieht den Jungen beinahe
magisch an. Er kann sich kaum von diesem Anblick lösen.
Plötzlich beginnt die Frau sich hastig zu bewegen, ein Mann stürzt,
Leute schreien - der Junge realisiert erst später, das er einen Menschen
hat sterben sehen.
Viel Später:
Der 3.Weltkrieg hat Paris in Schutt und Asche gelegt, trotzdem gibt es
Sieger, Besiegte, Gefangene - die Überlebenden oder besser gesagt
Gefangenen, vegetieren in Chaillot, in einem unterirdischen Bunkersystem,
mehr schlecht als recht dahin. Die selbst erklärten Sieger dieses
Atomkriegs machen ihre Opfer zu Versuchskaninchen ihrer eigenen Hilflosigkeit
die Situation zu erfassen - in dieser Atmosphäre der Angst müssen
die Eingesperrten nicht nur mit ihrer ohnehin hoffnungslosen Situation
fertig werden, sondern auch noch mit der Angst leben, ausgewählt zu
werden. Auf diese Experimente reagiert jeder anders und nur die Starken
können ohne Schaden überstehen - viele sterben oder werden wahnsinnig.
So kommt es das der Mann, der einst als Kind das Erlebnis am Flughafen
von Orly hatte, ausgewählt wird an einem Versuch teilzunehmen, der
Mann klammert sich an das Bild der Frau aus seiner Kindheit und gewinnt
seine Stärke daraus - ein Grund warum er ausgewählt wurde.
Das 1. Experiment:
Der Mann hat Angst, entgegen seinen Erwartungen ist der Wissenschaftler
der ihn einweist nicht das erwartete Monster, er erklärt ihm die Situation,
die Welt ist dem Untergang sehr Nahe und es gibt nur eine Möglichkeit
zu entkommen - die Reise zurück in die Zeit, um den Schrecken zu verhindern,
zu überleben. Das kann nur ein wirklich starker Mensch überstehen,
denn es kommt einer Wiedergeburt gleich. Der Mann ergibt sich in sein Schicksal.
Zurück:
Der Mann überlebt seinen Zeitsprung, am 10.Tag beginnen die Bilder
klarer zu werden und vor allem friedlicher - mit der Zeit beginnen die
Bilder mit den Erinnerungen des Mannes zu verschmelzen, es entsteht eine
Art der Wirklichkeit. Am 16.Tag ist der Mann an seinem ersten, persönlichen/eigenen
Ziel - die Terrasse des Flughafens Orly - er erblickt eine Frau, die die
Gesuchte sein könnte, er sieht sie noch an anderen Orten - ob Realität
oder Erinnerung kann er nicht unterscheiden.
Am 30.Tag kommt es zur Begegnung mit der Frau und der Mann ist sich sicher,
er hat sein Ziel erreicht - aber das Erlebnis endet abrupt und wird erst
bei seiner nächsten Reise zu einer echten Begegnung.
Es kommt zu mehreren Begegnungen zwischen den beiden, sie treffen an den
verschiedensten Orten aufeinander, weder räumliche noch zeitliche
Unterschiede können beide trennen - nur die Wissenschaftler sind in
der Lage ihr Experiment zu beenden.
Der Mann wird aber immer wieder zurückgeschickt und kommt der Frau
immer näher - in einer Schlüsselszene zeigt der Mann an den Jahresringen
eines gefällten Baumes, wo er herkommt.
Das 2. Experiment: Der Mann wird wieder und wieder zurückgeschickt,
zwischen ihm und der Frau hat sich eine Vertrautheit entwickelt, sie nennt
ihn ihren "Geist", die beiden brauchen kaum noch Worte - trotzdem
spielt sich alles wie in einem Traum ab. Am 50.Tag treffen sich beide in
einem Museum.
Die Zukunft:
Nach den Erfolgen in der Vergangenheit soll der Mann in die Zukunft geschickt
werden, das Treffen mit der Frau in dem Museum könnte also ihre letzte
Begegnung gewesen sein.
In der Zukunft trifft der Mann auf "Das Überleben" der Menschheit,
auf "Die neuen Menschen" und "Eine Chance für die Vergangenheit".
Er kehrt zurück.
Nach seiner Rückkehr hat sich die Zukunft scheinbar verschlossen,
das Bild aus seiner Vergangenheit dient den Wissenschaftlern weiterhin
zur Kontrolle des Mannes, der jetzt auf sein Ende wartet - was seine Peiniger
nicht wissen, ist eine niemals beendete Verbindung des Mannes in die bereiste
Zukunft - trotzdem wählt er als Fluchtpunkt nicht die ihm angebotene
Zukunft, sondern das Bild aus seiner Vergangenheit.
Frankreich, Paris, Flughafen Orly, Hauptterrasse, Sonntag.
Ein Mann und eine Frau haben ihren Sohn mit auf die Terrasse des Flughafens
genommen, um ihm die startenden und landenden Flugzeuge zu zeigen.
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Als
der Mann die Terrasse des Flughafens betritt, sucht er zuerst
nach dem Gesicht der Frau aus seiner Vergangenheit, als er sie
erblickt und auf sie zuläuft, sieht er ein weiteres ihm
bekanntes Gesicht (aus seiner Gefangenschaft) und er muß erkennen
das der Moment, das Bild, das ihn sein ganzes Leben lang begleitet
hat, der Moment seines eigenen Todes war und es keinen "Ausweg
aus der Zeit" gibt.
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Wenn
jemand in der Zeit zurückreist und seinen Großvater
töten würde, wie könnte er jemals geboren werden?
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Das
klassische Paradoxon der Zeit ist in Chris Markers La Jetée
ein anderes - Wie kann ich als Kind und als Erwachsener zur selben
Zeit am selben Ort sein?
Die Zeit verläuft bei Marker nicht linear, ein "Einstieg" auf
die Zeitlinien ist ständig, an jedem Punkt möglich, aber die
Zeitebenen überschneiden sich (verlieren also in diesen Momenten ihre
Linearität) und so kommt es zu diesem Treffen, das den Film so interessant
macht und in diesem Fall auf relativ einfache Art erklärt, warum man
die Zeit weder ändern noch wirklich beeinflussen kann, geschweige
ihr entkommen kann.
Logisch ist der Zeitverlauf und auch die Auswirkung einer Zeitreise aber
bei weitem nicht, vor allem auf die hier ja entstehende Zeitschleife wird
nicht wirklich eingegangen.
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La
Jetée ist ein Film der in Standbildern erzählt wird,
aufgebaut wie ein Fotoalbum, trotz der geringen Laufzeit von
ca. 29 Minuten und der wenigen Bilder, wird die Geschichte durch
die schwarz/weiß Bilder "straff" erzählt.
Die Bilder sind allerdings nicht starr, die Kamera wandert teilweise über
die Bilder, zeigt Ausschnitte, wenige Vergrößerungen
und einige kürzere Schnittfolgen.
Die ausdrucksstarken Bilder orientieren sich an dem Bild des Mannes aus
seiner Vergangenheit und lassen auch dem Zuschauer nicht mehr als Momentaufnahmen.
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Inspiriert wurde
Chris Marker unter anderem von Alfred Hitchcocks Vertigo, eine
schon erwähnte Schlüsselszene ist hier der Moment als
der Mann der Frau an den Baumringen zeigt wo er herkommt, wo
er hingeht kann er noch nicht sagen, obwohl er in diesem Moment
wohl schon insgeheim weiß, wie nahe er dem Zeitpunkt seines
Todes ist. In Vertigo ist es ebenfalls die Hauptperson die anhand
der Jahresringe zeigt - hier bin ich geboren, hier bin ich gestorben
- außerdem wird wie schon in Vertigo immer wieder der Punkt
des Todes aufgesucht. In Vertigo der Turm der Mission, in La
Jetée der Flughafen Orly, die Hauptterrasse.
La Jetée hat wiederum Terry Gilliams Twelve Monkeys beeinflußt
und einen wichtigen Teil der Handlung geprägt - die Kindheitserinnerung
des Hauptdarstellers an den Mord im Hauptgebäude des Flughafens und
die Erkenntnis, das er als Kind seinen eigenen Tod gesehen hat, außerdem
natürlich die Zeitreisen um den Untergang der Welt zu verhindern.
Man könnte Twelve Monkeys also fast als Remake bezeichnen und im Gegensatz
zu den meisten anderen sogar als sehr gutes, was sicherlich an Terry Gilliam
gelegen hat und auch an dem Hauptdarsteller, der Ausnahmsweise - mal ohne
Automatik, Unterhemd, Hochhaus - erfolgreich geschauspielert hat - leider
nur ein positiver Ausrutscher, eines Darstellers mit viel verschenktem
Potential.
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Empfehlung?
Ja, auf jeden Fall, ein wunderbarer Film, der uns sicher das
Mysterium Zeit nicht besser verstehen läßt, aber dafür
verstehen hilft, das man an bestimmten Ereignissen und Vorgängen
nichts ändern kann - zumindest nicht im nachhinein, höchstens
vorher und das natürlich ohne die Möglichkeit einer
Zeitreise.
Versionen:
Es gibt leider nur zwei DVD Veröffentlichungen dieses großartigen
Films (beide zusammen mit einem anderen Chris Marker Film - Sans Soleil)
- die französische hat zwar den Originalton, aber leider keine Untertitel
(soweit mit bekannt). Die englische DVD verzichtet auf den Originalton
- also heißt es abwarten bis zur ersten wirklich gelungenen VÖ.
Etwas merkwürdiges am Rande - meine englische DVD verfügt über
eine deutsche Tonspur, natürlich keine "richtige", also
nichts was man anwählen könnte, sondern über deutschsprachiges "Hintergrundgeplapper",
zwei Herren flüstern zeitweise etwas über den Inhalt des Film,
das wird meist von der ursprünglichen Tonspur überlagert und
ist nur zwischendurch kurz zu hören - klingt schon sehr merkwürdig,
ob die gesamte Auflage betroffen ist oder meine DVD eine Fehlpressung ist,
weiß ich nicht - macht aber auch nichts, ohne Originalton plus Untertitel
ist diese DVD sowieso nur eine Notlösung.
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